In diesem Blogpost möchte ich erzählen, wie die ersten Tage, Wochen und Monate mit unseren ehemaligen Straßenhündinnen abliefen.

 

Der ersten Teil der Geschichte, von Tias Fund bis zum Abflugtag nach Deutschland, ist hier nachzulesen.

 

Der zweite Teil der Geschichte beginnt mit dem ersten Augenaufschlag am Morgen nach der Ankunft in Deutschland.

 

 

Tias und Sandys Betten waren im Wohnzimmer drapiert.

Wenn wir es umgehen können, schlafen die Hunde nicht mit im Schlafzimmer, da nasse Schnauzen im Gesicht und trippelnde Hundepfoten auf dem Parkett uns den Schlaf rauben.

 

Da es ihre erste Nacht im neuen zu Hause war, blieben die Türen jedoch offen und die Hunde konnten selbst entscheiden, wo sie liegen wollten. Sie entschieden sich für ihre Betten und so konnten wir die Schlafzimmertür ab der zweiten Nacht schließen.

 

Bereits am Vorabend fielen die beiden vor Erschöpfung in einen tiefen Schlaf. Auch die Nacht verlief völlig ruhig. Kein Bellen, kein Weinen, kein Randalieren. Das Dasein als Zweithund hilft ihnen mit großer Sicherheit über viele Hürden hinweg, vor welchen sie sich alleine gefürchtet hätten.

 

Als ich morgens aufstand, lagen beide in ihren Betten und schauten mich ein wenig skeptisch an. Sie hatten keine Ahnung wie unser Tagesablauf aussehen würde. Sie waren sich auch nicht sicher, ob ich Freund oder Feind bin. So blieben sie sitzen und warteten bis ich sie ansprach. Ich hockte mich mit etwas Entfernung zu ihren Betten hin und sprach lieb mit ihnen. Sandy taumelte in beschwichtigender Haltung zu mir, schmatzte und beleckte sich, kniff ihr Schwänzchen ein und wartete auf Streicheleinheiten.

 

Tia zeigte keinerlei Beschwichtigungssignale, sondern schnüffelte vorsichtig an meiner Hand und inspizierte dann die Wohnung. Nachdem die beiden ihre Übervorsicht ablegten und sich etwas lockerer zeigten, legte ich ihre Sicherheitsgeschirre an und ging mit ihnen in den Wald, neben unserer Unterkunft.

Da beide Hunde sehr schlecht bemuskelt waren und Sandys Ausstrahlung jener einer Burn-Out Patientin glich, gingen wir in der ersten Wochen maximal 30 Minuten am Stück und ließen die Hunde das Tempo vorgeben.

 

 

Auf Zypern lebten die Hunde abgeschieden in Häusern auf dem Land. Das Stadtleben, Menschenmassen, Verkehrslärm und unzählige Hundebegegnungen, kannten sie nicht.  So musste ich mich zunächst überraschen lassen, welche Reaktionen sie zeigten.

 

Auch entschied ich mich in den ersten zwei Wochen, kein Auto mit ihnen zu fahren und die Spaziergänge nur im Wald neben unserer Unterkunft stattfinden zu lassen. Alleine bleiben sollten sie in den ersten Wochen garnicht. Erst dann, wenn sie sich eingelebt haben und der Rest funktionierte, würden wir das Alleinbleiben üben.

 

Tia und Sandy gingen in den ersten Tagen an der Leine sehr vorsichtig neben oder hinter mir und schnüffelten zaghaft die Gegend ab. Andere Hunde wurden zunächst nicht beachtet.

 

Fremde Menschen jedoch, wurden von Tia verbellt und angeknurrt. Mal versteckte sie sich knurrend hinter mir. Mal hing sie voll in der Leine und fletschte die Zähne. Mal sprang sie pöbelnd in Richtung Radfahrer. Mal setzte sie zur Jagd auf Kinder mit Rollschuhen an.

 

Da ich ein Fan von klarer Kommunikation zwischen Mensch und Hund bin, teilte ich ihr umgehend mit, dass solche Reaktionen nicht geduldet werden.

 

Versteckte sie sich hinter mir, ignorierte ich sie emotional weitestgehend, positionierte sie neben mich und gab ihr etwas zu tun. Sie sollte das Gefühl bekommen, dass es wichtigeres gibt als sich zu verstecken. Weitergehen zum Beispiel.

 

Ging sie nach vorne, wurde sie mit fester Stimme und wenn nötig, mit Körpereinsatz, welcher aus groß machen und von vorne abdrängen bestand, wieder in Position gebracht. Dann gab es etwas zu tun. Meist setzte oder legte ich sie ab. Das verbindet sie bis heute mit einer Auszeit bzw. der Forderung, passiv zu bleiben.

 

Menschen die mal streicheln wollten oder beschwichtigend auf den Hund einzureden versuchten, wurden weggeschickt. Tia sollte lernen, dass sie für fremde Menschen völlig uninteressant ist und keiner etwas von ihr will. Dass niemand ihr Aufmerksamkeit schenkte, wenn sie es nicht tat.

 

Da Tias Reaktionen Angstreaktionen waren, musste ich sehr darauf achten, welche Energie ich ihr entgegen brachte. Keinesfalls sollte sie meine negative Reaktion auf ihr Verhalten mit der Person verbinden, welche sie anpöbelte. Sie sollte meine Reaktion auf ihr Verhalten beziehen, was Feinarbeit und richtiges Timing erforderte. Meine positive Verstärkung sollte sie jedoch durchaus auf andere Menschen beziehen. Ruhiges Verhalten in Sichtweite anderer Menschen lobte ich mit Zuckergussstimme.

 

Wichtig war mir, dass sie das Gefühl hatte gesehen zu werden und nicht alleine durch die Situation gehen zu müssen. Wichtig war mir auch, dass sie wusste, dass sie eine souveräne Abneigung zeigen darf. Dass Panik nur unnötige Energieverschwendung und Aggression gänzlich unerwünscht ist. Nun fällt das verpönte Wort Dominanz, welches so oft missverstanden wird und mit Herrschaft über jeden Schritt des Hundes gleichgesetzt wird. Nein, Dominanz ist nicht dasselbe wie Diktatur.

 

Die von mir ausgeübte Dominanz soll dem Hund die größtmögliche Freiheit eröffnen. Ich möchte, dass meine Hunde sich ohne Leine durch die Umwelt bewegen können, gewissen Verantwortungen übernehmen, nachdenken bevor sie Entscheidungen treffen und das Gefühl haben, selbstständig agierende Wesen in einem sicheren Umfeld zu sein und keine Fremdkontrollierten. All das etabliere ich durch die klare Aussprache von Regeln, an welche sich alle Mitglieder der Familie halten müssen, auch ich. Diese Regeln fordere ich sehr konsequent ein. Sie können kurzerhand mit respektvollem Benehmen beschrieben werden, welches für Mensch und Tier allgemeingültig ist.

 

 

Im Prinzip ist es ganz einfach:

Was sich dein bester Kumpel nicht erlauben darf, darf sich auch der Hund nicht erlauben.

 

Anschreien, schubsen, kneifen, ignorieren, anstarren, betteln, pöbeln, Essen klauen, Bluse zerreißen, Einrichtung zerstören und Eifersuchtsdramen, sind für mich tabu. Alle Verhaltensweisen die ich beim Menschen doof finde, finde ich auch beim Hund doof. Das kommuniziere ich auf die gleiche Weise. Nicht mit den gleichen Worten, jedoch mit der gleichen Energie und Körpersprache. Hunde verstehen das, genauso wie es Menschen verstehen.

 

Voraussetzung ist selbstverständlich, dass die Bedürfnisse des Hundes erfüllt werden und das Verhalten kein verzweifelter Hilfeschrei ist, sondern wirklich in Respektlosigkeit begründet liegt. Ein verzweifelt-gelangweilter Hund ohne Auslauf und Aufgabe, hat mein vollstes Verständnis das Wohnzimmer zu zerlegen. Ich bitte ihn sogar darum. Wie soll er sich sonst bemerkbar machen?

 

Es dauerte zwei Tage und Tias Pöbeleien waren Geschichte.

Ab dem dritten Tag liefen beide Hunde zuverlässig an der Leine und ich legte die Schleppleine an, um den Rückruf zu etablieren und ihnen einen größeren Radius zu gewähren.

 

 

Am fünften Tag riss mir die Schleppe die Haut von Fußknöchel, nachdem die Hunde herumflitzen und sie sich um mein Bein wickelte.

Die hohe Unfallgefahr ist der Grund warum das Ende einer Schleppleine grundsätzlich in der Hand gehalten werden sollte. Über den richtigen Umgang mit der Schleppe philosophiere ich in in einem meiner nächsten Blogposts.

 

 

Am selben Tag nagte Sandy während des Spaziergangs ihr maßangefertigtes Sicherheitsgeschirr durch und entschied sich somit dafür, nur Halsband tragen zu wollen. An der Schleppe selbstverständlich nicht möglich, also musste ein Notgeschirr aus dem Tierladen gekauft werden.

 

 

Am Ende der ersten Woche waren wir alle bereits so ein eingeschweißtes Team, dass ich Tia und Sandy in unserem kleinen Wald ableinte. Wir hatten keinen Garten und Ihr Bedürfnis nach freier Bewegung war riesig.

Normalerweise plädierte ich nicht für ein so frühes Ableinen. Mit Tia und Sandy war es jedoch, als wären wir schon immer gemeinsam unterwegs gewesen. Sie fügten sich nach wenigen Tagen so wunderbar in die Familie ein, sie hörten aufs Wort und trafen so viele richtige Entscheidungen für uns als spazierendes Rudel, dass das Vertrauen in die beiden recht schnell unerschütterlich wurde. Da ich aufgrund meiner Schleppleinen-Verletzung ohnehin nur noch auf einem Bein lief, kam mir die neu gewonnene Selbstständigkeit meiner Hunde entgegen.

Das berühmte unsichtbare Band, welches Mensch und Hund lautlos mit einander kommunizieren lässt, war innerhalb von kürzester Zeit da. Es war, als würden wir ganz einfach zusammengehören oder zumindest prima zusammen passen.

 

 

Und so kam es, dass Tia und Sandy innerhalb von nur einer Woche fast alle Freiheiten genießen durften, welche sie bis heute genießen. Mitspracherecht, ein größtenteils leinenfreies Leben und die Freiheit, Verantwortung für ihre Entscheidungen zu übernehmen und aus eigenen Fehlern zu lernen. Diese Privilegien basieren auf unseren fest etablierten Regeln, welche für unsere Sicherheit sorgen und Konsequent eingefordert werden. Als schlaue Wesen verstanden sie dieses Prinzip mit Leichtigkeit, dank klarer Kommunikation.

 

 

Nachdem wir in der zweiten Woche in unserem Hauswald und dem nahegelegenen Feld weiterhin fleißig Kommandos und Regeln einübten, planten wir in Woche Drei einen ersten kleinen Ausflug zu einer nahegelegenen Spazierrunde. Häufiges Autofahren kannten Tia und Sandy nicht und besonders Sandy litt furchtbar unter Übelkeit. Als wir zum ersten Mal den Kofferraum unseres Autos öffneten, waren beide Hunde mehr als skeptisch und wollten zunächst nicht einsteigen.

 

Wir verschoben unseren Auslug zunächst, um ihnen eine Woche lang das Auto schmackhaft zu machen. Sie sollten den Kofferraum positiv assoziieren, ohne ihn mit Fahrtenstress zu verbinden. Also täglich Kofferraum auf, Hunde reinlocken, loben, kraulen, knuddeln, Leckerli, zusammen drin sitzen, Spaß haben, Hunde wieder raus.  Nach einer Woche liebten Tia und Sandy den Kofferraum, sprangen freudestrahlen von alleine hinein und konnten sich im Innenraum entspannen.

 

 

Nun war es Zeit für den ersten Ausflug.

Wir fuhren fortan täglich 5 – 10 Minuten lang zu einer anderen Spazierrunde, damit sie sich ans Fahren gewöhnen konnten. Längere Runden fuhren wir erst, als Sandys Übelkeit auf kurzen Strecken abgeklungen war.

Der Locationwechsel verlief ohne Probleme. Tia und Sandy gingen selbstbewussten Schrittes voran und erkundeten voller Freude die Umgebung. Ich konnte mich dem Gedanken nicht erwehren, welches Glück wir mit diesen beiden Hündinnen hatten. Besonders Tia war kein einfacher Charakter und brauchte eine konsequente Führung, zeigte sich unter dieser aber äußerst unkompliziert und brav.

 

 

Beide Hunde brachten die perfekten Voraussetzungen mit, gute Reisebegleiterinnen zu werden, denn sie liebten es, neue Spazierwege kennenzulernen, waren abenteuerlustig und trotz ihrer traumatischen Vergangenheit, mutig und aufmerksam.

 

Keineswegs rechne ich mir diesen Erfolg alleine an. Diese beiden Kreaturen gaben sich die allergrößte Mühe das gelernte umzusetzen, sich in die Familie einzufügen und ihre negativen Impulse zu kontrollieren.

 

Nachdem die Hunde sich so wunderbar eingelebt hatten, wollten wir beginnen das Alleinsein zu üben. Auch wenn Tia und Sandy in ihrem Leben mit uns nur selten allein sein würden, so müssen sie im Notfall oder an Einkaufstagen stundenweise dazu in der Lage sein. Grundsätzlich lassen wir Hunde erst nach der Erfüllung ihrer Bedürfnisse allein. Im besten Fall zu ihren Ruhezeiten, zu welchen sie sich ohnehin entspannen würden. Das heißt entweder nach dem Morgenspaziergang und dem Anschließenden Frühstück oder nach der großen Nachmittagsrunde und dem anschließenden Abendessen. Ausgepowert, satt und müde sollen sie sein. Bevor wir gingen.

 

 

Zunächst verließen wir die Unterkunft nur für wenige Minuten am Tag. Klappte das gut, steigerten wir die Zeit minutenweise weiter, bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir mit dem Auto wegfuhren. Bevor wir das Haus verließen stellten wir sicher, dass die Hunde entspannt waren. Wir schickten sie dazu in ihre Betten, kraulten sie etwas und gingen dann kommentarlos. Genauso kommentarlos kamen wir wieder zurück.

Wieder einmal wurden wir uns des Glücks bewusst, welches wir mit den beiden hatten, denn Alleinebleiben stellte für sie nie ein Problem dar. Ganz gleich, ob wir Anfangs zwei Minuten vor der Haustür standen oder später zwei Stunden zum Einkaufen wegfuhren. Gemeinsam meisterten die beiden alles, ohne jemals etwas zerstört zu haben oder das Haus zusammenzukläffen.

 

Doch nicht alles verlief vollkommen problemlos.

Eine Sache übten wir nicht, da sie kein alltägliches Phänomen in unserem Apartment war: Der Besuch von fremden Menschen in den eignen vier Wänden.

Etwa drei Monate nach Tias und Sandys Einzug stand unsere Vermieterin vor der Tür, um mit uns unseren Auszug im kommenden Monat zu besprechen.

Tia drehte vollkommen durch. Sie bellte nicht nur, sie schrie. Sie war aufgeplustert wie ein Huhn, kniff den Schwanz ein und verkroch sich so tief wie sie konnte unterm Küchentisch. Sie verfiel in eine derartige Panik, dass sie kaum noch ansprechbar war.

 

 

Wir waren zunächst etwas sprachlos, denn außerhalb des Hauses ignorierte sie fremde Menschen völlig. Sie lief an schreienden Kindern, grabschenden Händen und streitenden Pärchen kommentarlos vorbei. Im Haus jedoch geriet sie in blanke Hysterie und dabei stand die Vermieterin nur im Hausflur und betrat nicht einmal die Wohnung.

Nun wussten wir um ihr offensichtlich größtes Problem und konnten uns entsprechend auf diese Reaktion vorbereiten.

Da wir kaum Besuch von fremden Menschen bekamen, war das Üben nicht leicht.

Tia zeigte in diesen Situationen keinen Gang nach vorne, sondern verkroch sich laut mitteilend unter den Tischen.

Wir begannen also mit dem Klingeln der Haustür.

Zunächst sollte sie lernen, dabei nicht in Panik zu geraten.

Melden durfte sie maßvoll. Nachdem sie gemeldet hatte, sollte sie in ihr Bett gehen und dort warten. Wir regelten die Tür.

Da sie zunächst jedoch nicht alleine im Bett bleiben wollte, mussten wir zu dritt arbeiten. Meine Mutter klingelte, ich ging an die Tür und Sören saß mit Tia im Bett, und zwar so, dass er zwischen ihr und der Tür saß, um sie abzuschirmen. So lernte Tia, dass ihr im Bett nichts passierte.

Als das klappte, setzte sich Sören auf die Couch und Tia blieb im Bett. Zum Schluss ging Sören mit zur Tür und Tia blieb im Bett. An der Tür taten wir so, als würden wir uns mit jemandem unterhalten. Sie war stehst mit beiden Ohren dabei, verfiel jedoch nicht mehr in blanke Panik.

Auf diese Weise übten wir so lange, bis sie der Tür keine wesentliche Beachtung mehr schenkte, allerdings immer noch ohne echte fremde Menschen zu involvieren.

Wir wussten, dass fremde Menschen das Problem waren und nicht die Klingel, also baten wir unsere Vermieterin zu klingeln und sich etwas mit uns zu unterhalten. Das ganze Prozedere wiederholte sich, da Tia in Panik verfiel und unter den Tisch kroch.

Also: Sören und Tia im Bett. Sören am Schreibtisch und Tia im Bett. Sören und ich an der Tür und Tia im Bett.

So übten wir mit dem Paketboten und dem Pizzalieferanten. Immer nur an der Tür, denn der Wohnraum stellte die Königsdisziplin dar.

Betrat jemand den Wohnraum, entschlossen wir uns Tia anzuleinen und hinter uns zu halten. Sie sollte das Gefühl haben geführt zu werden und dabei zu sein, jedoch nicht beteiligt oder in der Verantwortung etwas zu tun. Außerdem wollten wir vermeiden, dass sie doch einmal unterm Tisch hervorschießt, mit den Zähnen voran.

Grundregel für alle fremden Besucher ist, Tia vollkommen zu ignorieren. Kein Gucken, kein Reden, kein Hand hinhalten. All das baut Druck auf. All das soll sie irgendwann aushalten können, jedoch erst, wenn sie soweit ist.

Die Vermieterin klingelte. Tia meldete und ging in ihr Bett. Wir gingen zur Tür um die Vermieterin zu begrüßen. Dann ging einer von uns zu Tia und nahm sie an die Leine, immer zwischen Tia und der Vermieterin positioniert. Tia knurrte und fauchte, zappelte an der Leine und versuchte wild an der Vermieterin zu schnüffeln, was wir ihr jedoch mit einem strengen Ton untersagten und sie hinter uns verwiesen.

Wenn sie sich für jemanden interessiert, ganz gleich ob Hund oder Mensch, hat sie langsam und freundlich auf denjenigen zuzugehen. Nicht hektisch und fauchend. So standen wir uns die Beine in den Bauch, redeten und ignorierten den Hund solange, bis sie sich begann ruhig zu verhalten und sich hinzusetzen. Sie wurde gelobt, gestreichelt und durfte dann ihre vorsichtige Neugier ausleben und an der Vermieterin schnüffeln.

Da Tia freundlich blieb, leinten wir sie ab und nun durfte auch die Vermieterin ein paar nette Worte an sie richten. Tia begann sich merklich zu freuen und überraschte uns sogar mit einem Geschenk. Sie brachte der Vermieterin ihren Ball und zeigte ein Spielgesicht. Ganz vorsichtig und behutsam forderte sie die Figur ihrer Albträume zum Ballspielen auf. Streicheln war immer noch tabu und auch das Werfen von Gegenständen, aber diese Geste rührte uns alle.

Da die Vermieterin als Gestalt nun ihren Schrecken verloren hatte, konnte sie als Übungsperson nicht mehr herhalten. Und so nutzten wir einmal eine Dame, die bei uns etwas abholte und eine neu eingezogene Nachbarin, die auch einen Hund hatte.

 

Die Grundlagen waren nun gefestigt. Tia geriet nicht mehr in blanke Panik, sondern hatte andere Strategien und Reihenfolgen erlernt, mit ihrer Angst umzugehen.

Ehrlicherweise muss ich sagen, dass dieses Problem in stark abgeschwächter Form bis heute besteht. Tia findet Fremde im Haus einfach doof und gruselig. Im Gegensatz zu damals jedoch, geht sie sogar von selbst auf die Fremden zu, schnüffelt ein wenig herum, knurrt und wufft und legt sich dann irgendwo ab. Zeigt sie Ansätze von Panik, leinen wir sie an und verweisen sie hinter uns.

Anfassen und bedrängen durch Fremde halten wir strengstens von ihr fern, da sie offen mitteilt, dass sie das nicht möchte. Sicher wäre das Problem bereits weiter aufgearbeitet, würden wir öfter Besuch bekommen. Besuch bleibt für uns jedoch ein seltenes Gut.

 

Sandy übrigens, meldet kein klingeln der Tür und interessiert sich nicht für fremde Menschen innerhalb des Wohnraums. Sie bleibt im Bett sitzen oder geht mit zur Tür, ohne sich groß mitzuteilen. Aufmerksam ist sie. Sie passt auch auf, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Angefasst werden möchte sie von Fremden auch nicht. Sie ist jedoch deutlich weniger reaktiv und lässt sich von Tias Hysterie nicht anstecken. Sie rollt eher mit den Augen und guckt etwas verständnislos an die Wand.

 

 

Tias Drama um fremde Menschen im Haus bleibt bis heute unsere größte Herausforderung. Bis auf dieses Problem haben wir tatsächlich keines im Umgang mit unseren Hunden. Mit den von uns aufgestellten Abläufen und Verhaltensregeln, können wir damit jedoch umgehen. Wenn es irgendwie geht, lernen wir den unbekannten Besuch vor dem Haus kennen und gehen dann gemeinsam rein. Dies ist für Tia die angenehmste Option und Angstreaktionen treten dann kaum mehr auf.

 

In den fünf Monaten, in welchen wir diese Unterkunft bewohnten, machten wir unzählige Ausflüge, übten längeres Autofahren, gingen Schwimmen, besuchten Märkte, Hundewiesen, Innenstädte, andere Wohnungen und festigten unsere Grundregeln. Tia und Sandy machten nach ihrer Eingewöhnungszeit alles mit wie zwei alte Hasen, demnach sind detaillierte Beschreibungen aller Ausflüge kaum erwähnenswert.

 

 

 

Besuche von größeren Veranstaltungen bleiben bis heute eine Seltenheit. In der Regel kommen unsere Hunde nicht mit auf Märkte, Großstadtbesuche oder Dorffeste, denn das ist Stress für Vierbeiner und bringt keinen Mehrwert in ihren Alltag. Dennoch sollten sie es kennenlernen und nötigenfalls hinnehmen können. Somit muss es geübt werden. Das echte tägliche Leben unser Hunde, findet jedoch in der Natur statt.

 

Die schönsten Bilder unserer ersten Ausflüge im Bergischen Land, teile ich hier:

Ein Tag auf der Hundewiese

Ein Tag im Wald

Ein Tag in den Feldern

Ein Streifzug zum Sonnenuntergang

 

Einen Ausschnitt beim Spielen aus Tias und Sandys ersten Tagen bei uns, findet ihr im folgenden Video. Das Video zeigt sehr schön wie gesprächig Tia ist. Sie ist absolut kein Kläffer, jedoch ein großer Quatschkopf.