Wir wissen nichts über Tias erste fünf Lebensmonate und wir wissen weder wie alt Sandy ist, noch kennen wir einen Funken ihrer Vergangenheit. Das sind die Dinge die wir nicht wissen.
Die Zeiten des Wissens begannen während eines Spaziergang auf Zypern, am 5. März 2017.
Wir waren einen Monat lang im südzyprischen Dorf Maroni als Housesitter gebucht. An einem sonnigen Sonntagnachmittag führten wir die sechs uns anvertrauten Hunde über die weitläufigen, verbuschten Felder am Dorfesrand spazieren.
Fünf der Hunde liefen frei um uns herum. Plötzlich verschwanden sie in einen Busch und fingen lauthals an zu bellen. Wir folgten ihnen um zu schauen was sie gefunden hatten. Sie fanden einen einsamen Welpen. Dieser Welpe war Tia.
Als wir Tia fanden, saß sie unter einem merkwürdig aussehenden Gewächs auf einem Haufen Müll, welcher vom Weg aus nicht einsehbar war. Die Supernasen unserer Hunde hatten ganze Arbeit geleistet.
Tia wurde mutmaßlich kurz zuvor von einem uns unbekannten Unmenschen auf diesem einsamen Feld entsorgt. Hier her gelaufen zu sein schien unrealistisch, denn sie konnte die Hinterbeine kaum bewegen, humpelte stark, war klapperdünn und mit über 100 Zecken befallen. Sie saß nur da und schaute uns traurig, ängstlich und verdutzt an. Versuche auf uns zuzugehen machte sie nicht.
Wir leinten alle Hunde an und standen zunächst etwas ratlos auf dem Feld. Was sollten wir nun tun, mitten im Nirgendwo, in einem fremden Land, um jeden Finger eine zappelnde Hundeleine gewickelt?
Da wir nicht nur sechs Hunde, sondern auch 11 Katzen zu betreuen hatten und um die auf Zypern grassierenden Mittelmeerkrankheiten wusste, riefen wir zunächst die Hausbesitzerin zu Rate, welche sich zu der Zeit in England aufhielt. Sie lebte seit Jahren auf Zypern, engagierte sich im Tierschutz, rettete bereits viele Hunde von der Straße und wusste worauf wir achten sollten, um niemandes Gesundheit zu gefährden.
Nach einem 10-minütigen Telefonat und dem Austausch von Bildern, brachten wir unsere sechs Hunde zurück ins Haus und fuhren danach mit dem Auto zurück zum Feld, um Tia zu holen.
Tia folgte uns nicht. Als wir zurückkamen, saß sie immernoch an der gleichen Stelle. Wir machten uns in Ruhe mit ihr vertraut, streichelten sie ein wenig, hoben sie vorsichtig hoch und trugen sie ins Auto. Während der kurzen Autofahrt schaute Tia aus dem Fenster und sagte nichts.
Da es Sonntag war, mussten wir mit dem Tierarztbesuch bis zum nächsten Tag warten. Wir separierten Tia für eine Nacht von allen anderen Tieren. Da sie sehr dünn war, mussten wir mit Futter und Wasser langsam und vorsichtig vorgehen. So bekam sie nur stundenweise kleine Schlucke und Häppchen. Auf beides jedoch stürzte sie sich. Besonders ihr Durst war beeindruckend. Hätten wir sie nicht gefunden, wäre sie wohl verdurstet.
Beim Streicheln fühlten wir nicht nur ihr Gerippe, sondern auch unzählige Zecken. Über 100 dieser Plagegeister zogen wir mit der Zeckenzange heraus. Danach betteten wir die kleine Schäferhündin auf ein weiches Kissen und ließen sie schlafen.
Gleich am nächsten Morgen fuhren wir zum Tierarzt. Tia erbrach sich mehrfach während der einstündigen Fahrt und weinte laut und viel. Beim Tierarzt war sie, trotz ihrer Angst vor fremden Menschen, sehr lieb und ganz ruhig. Das ist bis heute so geblieben. Wenn ein fremder Mensch sie ohne Protest anfassen darf, dann der Tierarzt.
Tia wurde anästhesiert, geröntgt, auf Krankheiten getesten, geimpft, entwurmt und gegen Parasiten behandelt. Sie blieb den ganzen Tag in der Praxis. Erst am frühen Abend wurden wir zur Abholung hergebeten. Nun erfuhren wir erstmalig, dass sie eine ca. fünf Monate alte Hündin ist. Aufgrund ihres Zustandes hatten wir vorab nicht eigenmächtig nach ihrem Geschlecht geforscht.
Außerdem hatte sie ältere und bereits unbehandelt zusammengewachsene Knochenbrüche in den Oberschenkeln, der Hüfte und dem Schwanz. Diese Brüche waren der Grund für ihr Humpeln. Der Tierarzt mutmaßte den Ursprung durch Gewalteinwirkung, etwa durch verprügeln oder treten. Möglich wäre auch ein Zusammenstoß mit einem Auto. Nicht unüblich auf Zypern.
Die Horrorgeschichten reichen von in Säcke verpackte Welpen, welche als Kinderfußball benutzt werden, über schwerste Misshandlungen durch Schläge, Verbrennungen und Fell abziehen bei lebendigem Leibe, bis hin zum elenden Dasein als Gebärmaschinen in dunklen Verschlägen und einem Kettenleben als Dekogegenstand, welcher den Abklatsch eines Wachhundes darstellt. Vor diesem Hintergrund hat Tia großes Glück gehabt.
Was ihre Brüche anging, standen uns zwei Möglichkeiten offen:
Hoffen, dass es sich irgendwie auswächst und sie später normal laufen würde oder erneut brechen und gerade richten.
Uns wurde ersteres empfohlen und für diese Empfehlung entschieden wir uns. Die Zeit zeigte, dass wir uns richtig entschieden haben. Ansteckende Infektionskrankheiten konnten nicht festgestellt werden, somit stand der Integration ins Rudel nichts mehr im Wege.
Zurück im Haus haben wir Tia gründlich geduscht, damit sie den Geruch von Schmutz, Urin und Tod verliert und sich beginnt wohl in ihrer Haut zu fühlen.
Schnell schloss sie Freundschaft mit den Hündinnen des Rudels. Die sehr freundliche, sensible und verspielte Golden Retriever Hündin Elli wurde ihre beste Freundin.
Für uns war klar, dass wir sie nicht behalten würden. Es war nicht der richtige Zeitpunkt für einen eigenen Hund, da wir unzählige Reisen, unter anderem ein Jahr in Neuseeland, geplant hatten.
Selbstverständlich halfen wir bei der Vermittlung und Tias Vorbereitung auf ein neues Leben. Wir gewöhnten sie an Halsband und Leine, brachten ihr erste Kommandos bei, arbeiteten an der Stubenreinheit und gewöhnten sie an ihren allerersten Namen, welcher von der Dame des Hauses ausgewählt wurde: Elvie.
Nun wurden wir gebeten Foto- und Videomaterial zu erstellen, damit Elvie über die lokale Vermittlungsstelle der Tierschutzorganisation D.O.G Rescue Cyprus mit aufgenommen werden konnte.
Kurze Erklärung: In diesem Video wird Tia auch kletternd gezeigt, damit zukünftige Besitzer sehen konnten, dass sie durchaus eine sportliche Hündin werden wird und durch ihren Bruch, welcher zu diesem Zeitpunkt bereits abgeheilt war, nicht schwerbehindert ist. Welpen regelmäßig Stufen oder Mauern erklimmen zu lassen, empfehlen wir selbstverständlich nicht und wir achteten auch darauf, dass Tia dies nicht tat.
Kurz nach unserer Abreise entschied sich ein Freund der Hausbesitzerin die kleine Elvie bei sich aufzunehmen und gab ihr den Namen, welchen sie bis heute tragen sollte: Tia.
Mit großer Sicherheit wurde sie von ihrem Besitzer sehr geliebt. Aufgrund ihrer Charaktereigenschaften, verbunden mit ihren schweren Kindheitstraumata, erhielt sie jedoch nicht die Führung, die sie gebraucht hätte und so entwickelte sich die junge Hündin nicht wie erhofft.
Bei Spaziergängen rannte sie davon, sobald sie auch nur in Entfernung fremde Menschen sah. Bei Besuch oder der Annährung Fremder geriet sie in Panik, knurrte und sie versteckte sich unterm Tisch.
Dies wurde vom Besitzer nach meinen Informationen wohl auch toleriert und was der Welpe Tia durfte, übernahm auch die erwachsene Hündin weiter.
Nachdem Tia ein Jahr lang bei ihrem neuen Besitzer lebte, geschah ein großes Unglück. Tias Besitzer starb auf tragische Weise. Sie wurde wieder von der Hausbesitzerin in Pflege genommen. Diese hatte jedoch bereits so viele Hunde im Haus, dass für Tia eigentlich kein Raum mehr war. Zudem war sie als große Schäferhündin sehr aktiv, forderte viel Aufmerksamkeit und Auslastung und trug die Folgen ihrer frühen Traumatisierung wenig aufgearbeitet mit sich herum.
Kaum zu schaffen in einem Hunderudel von sieben oder acht Hunden. (Spoiler: Einer dieser Hunde war Sandy).
Da ausgewachsene, schwierige Schäferhunde nicht zu der Kategorie Hund zählen, welche schnell ein neues zu Hause finden, wuchs die Verzweiflung. Ins Tierheim sollte die hochsensible Tia auf keinen Fall.
Auch Sandy war ein ungeplantes Pflegekind, welches fast zeitgleich mit dem Wiedereinzug Tias, auf der Straße aufgelesen wurde. Es war Frühsommer und noch angenehm mild. Die heiße Saison, die darauf folgte, hätte sie jedoch kaum überlebt.
Sandy zeigte sich kurz nach ihrer Rettung, sowohl dem Menschen, als auch dem Hunderudel gegenüber, sehr unterwürfig und beschwichtigte viel. In ihrer Beschreibung wurde sie als Engel betitelt, so unglaublich lieb und herzig präsentierte sie sich. Sie war zu ihrem Fundzeitpunkt recht abgemagert, ihre Wirbelsäule stand deutlich hervor. Außerdem hatte sie deutlich vergrößerte Zitzen, was auf einen kürzlichen Wurf hinwies.
Sandy und Tia suchten also zeitgleich eine Pflegestelle, da das kurzfristige Finden von passenden Endbesitzern für zyprische Straßenhunde mehr als unwahrscheinlich ist.
Ich stand seit unserer Abreise aus Zypern im Jahre 2017 in regelmäßigen Kontakt mit der Hausbesitzerin und wurde von Zeit zu Zeit mit Fotos von Tia beglückt.
Entsprechend geschockt war ich von ihrem Schicksalsschlag und der drohenden Heimatlosigkeit, rund 15 Monate nachdem wir das kleine Elend aus dem Busch gezogen haben. 15 Monate, in welchen wir einmal um die gesamte Welt reisten und konstant als Housesitter arbeiteten.
Ohne lange darüber nachzudenken, entschied ich mich im Alleingang Tia und Sandy nach Deutschland zu holen. Mein Partner war zunächst nicht ganz so begeistert von meinem Plan.
Deutschland war nicht mehr unser Heimatland. In Deutschland verbrachten wir rund vier Wochen im Jahr um unsere Familie zu besuchen und reisten im Anschluss wieder ab.
Diese vier Wochen begannen just zu dem Zeitpunkt, als wir von Tias Schicksalsschlag und Sandys Existenz erfuhren.
Gewöhnlich wechselten wir die Unterkünfte wie unsere Kleidung. Wir flogen von Kontinent zu Kontinent, arbeiteten Vollzeit als Housesitter und waren so frei und ungebunden wie wir nur sein konnten. All das würde sich mit eigenen Hunden schlagartig ändern. Von jetzt auf gleich.
- Waren wir bereit für zwei Hunde die wir kaum kannten, so viele Abstriche in Kauf zu nehmen?
- Unser Leben fast vollkommen umzukrempeln?
- Auf konstantes Housesitting zu verzichten und damit unseren Teilzeitjob, welcher uns dauerhafte Mietfreiheit in grandiosen Unterkünften bescherte, zu verlieren?
- Die doppelte Zeit für Lohn arbeiten zu müssen, um eine uns bis dato erspart gebliebene Miete bezahlen zu können?
- Oder würde Housesitting mit eigenen Hunden funktionieren?
- Würde Mieten mit zwei Hunden funktionieren?
- Haben wir bereits alle Länder bereist die wir bereisen wollten, welche wir mit eigenen Hunden nicht mehr bereisen können?
Fragen über Fragen.
Die meisten von ihnen mit unbefriedigenden Antworten. Antworten, welche im Nachhinein betrachtet jedoch weniger gewichtig waren, denn wo sich die Tür zur absoluten Freiheit für uns schloss, öffnete sich die Tür zur absoluten Zufriedenheit. Tia und Sandy brachten unheimlich viel Freude in unser Leben. Das müssen wir wohl geahnt haben, als wir entgegen aller unbefriedigenden Antworten auf unsere Freiheitsfragen entschieden, diese beiden tragischen Gestalten zu uns zu holen.
Wir sagten zu und in Maroni wurde sich riesig darüber gefreut. Doch es dauerte noch fünf Wochen, bis Tia und Sandy das Flugzeug in Larnaca Richtung Düsseldorf betraten.
Sandy musste kastriert werden. Auch wenn sich der Wille zur Kastration des Hundes mittlerweile gewandelt hat, so ist dies bei Tierschutzhunden nach wie vor üblich und meiner Meinung nach unumgänglich. Wer das ganze Elend einmal vor Augen hatte, wird mir kaum widersprechen.
Beide Hunde mussten geimpft und entwurmt werden. EU-Ausweise mussten beantragt werden, um ein Ausfliegen zu ermöglichen. Das dauerte, doch auch wir brauchten Zeit um uns auf ein Leben mit Hunden vorzubereiten.
Zunächst mieteten wir eine Unterkunft für fünf Monate am Stück in Deutschland. Bevor es auf Weiterreise ging, mussten sich die Hunde akklimatisieren. Ich brauchte Zeit um mit ihnen zu arbeiten, Vertrauen aufzubauen, eine täglich Routine zu schaffen und auch Grunderziehung und gutes Benehmen mussten vor Reiseantritt zuverlässig sitzen.
Außerdem hatten wir keinerlei Ausrüstung und lebten aus einem 49 Liter Trolley. Wir brauchten ein Auto mit großem Kofferraum, denn von nun an würden wir nicht mehr von A nach Y fliegen, sondern von A nach B fahren. Von Hundebetten, Näpfen, Leinen, Halsbändern, Geschirren, Hundefutter, Autosicherungen, Zeckenzangen und Kotbeuteln ganz zu schweigen.
Alles musste ausgesucht, bestellt und platziert werden. Das dauert seine Zeit, denn ich wollte nicht irgendetwas kaufen, sondern die beste Lösung für jedes Problem finden.
Das Futter sollte artgerecht sein, die Näpfe schadstofffrei, die Kotbeutel recycelbar, die Halsbänder schnelltrocknend und die Geschirre perfekt sitzend. So saß ich tagelang vorm Laptop und suchte von allem das für uns passendste heraus.
Der 26. Juli 2018 – Abflugtag.
Einer der heißesten Tage des Jahres. Tia und Sandy stiegen morgens ins Flugzeug in Larnaca und kamen am frühen Nachmittag in Düsseldorf an.
Doch dieser Tag war nicht nur der Anreisetag unserer Hunde. Es war gleichzeitig der Tag der Beerdigung von Tias ehemaligem Besitzer. Die Luft war von Melancholie, Traurigkeit, Freude und Aufregung durchzogen. Wie sehr durften wir uns über Tia freuen? Wurde sie doch nur Teil unserer Familie, weil ihr Vorbesitzer kürzlich einer Tragödie erlag.
Wir fuhren mit Herzklopfen zum Flughafen.
Draußen herrschten 38 Grad. Es war brüllend heiß.
Wir kamen am Flughafen an und gingen in den Ankunftsbereich der Maschinen aus Larnaca. Nach der Landung des Flugzeugs warteten wir über zwei Stunden im Eingangsbereich, bis sich etwas tat.
Tiere aus dem südeuropäischen Raum hängen ewig lang im Zoll fest, sagte man uns. Grund dafür ist ein florierender Hundehandel, mit gefälschten Papieren und kranken Tieren.
Auch waren Tia und Sandy nicht die einzigen Hunde, die im Frachtraum transportiert wurden. Nach und nach sammelten sich immer mehr Hundeboxen mit zyprischen Insassen vor dem Ausgang. Diese wurden teils von über beide Ohren strahlenden neuen Besitzern abgeholt, teils in der Masse von abgeklärten Tierschutzorganisationen übernommen.
Und dann war es soweit. Ich sah einen Schäferhundkopf mit Schlappohren den Gang hinunterrollen. Gefolgt von einer Box mit einem kleinen, goldenen, zusammengekauerten Etwas, das ich nur von Fotos kannte. Beide Hundeboxen wurden von einem Zollbeamten begleitet. Dieser fragte, ob ich die Endbesitzerin sei und ich bejahte. Ich musste meinen Ausweis zeigen und viele Fragen doppelt und dreifach beantworten.
Doppelt und dreifach wurden auch die EU-Pässe unserer Hunde kontrolliert. Sollte damit etwas nicht stimmen, sagte der Zollbeamte, werden die Hunde zum Tierarzt gebracht und „vernichtet“. Vernichtet! Der originale Wortlaut. Dies kommt wohl öfters vor, denn es wird viel illegaler Handel mit todkranken Auslandshunden betrieben. Ich schluckte dreimal.
Wir kannten den Tierarzt, welcher den Pass ausstellte, sogar persönlich, hatten dennoch Angst, dass irgendetwas nicht stimmen könnte. Entsprechend erleichtert nahmen wir das kurz angebundene „OK“ vom sich umgehend auf dem Absatz umdrehenden Zollbeamten entgegen und waren von nun an Besitzer zweier erwachsener Hündinnen, die wir praktisch garnicht kannten.
Zunächst rollerten wir die beiden riesigen Hundeboxen in eine ruhige Ecke des Flughafens. Da die Hunde panisch reagieren könnten, wollten wir ihnen innerhalb des Gebäudes die zuvor gekauften Sicherheitsgeschirre anlegen.
Sandy kam verhältnismäßig schnell aus der Box und vergrub ihren Kopf bei eingeklemmter Rute und weit zurückgeklappten Ohren in meinem Schoß. Wir legten ihr das Geschirr an und setzten sie wieder in ihre Box.
Dann öffneten wir Tias Tür. Tia wollte die Box nicht verlassen und ich befürchtete einen Angstbiss, nach all dem was ich von ihr wusste. So saß ich eine halbe Stunde vor Tias Box und redete in zuckersüße Ton mit ihr. Bis sie mit panisch-genervtem Blick den ersten Fuß vor die Boxentür setze. Als sie draußen war, ließ sie sich das Geschirr anlegen und flüchtete im Anschluss zurück in die Box.
Nun rollerten wir die XXL Boxen in Richtung Parkhaus.
Bei sicherlich 40 Grad im Schatten, mussten wir uns sehr beeilen, damit die Hunde keinen Hitzschlag bekamen. Mein Partner rannte vor und stellte die Klimaanlage des Autos auf Maximum. Ich schipperte die Hunde in Richtung Fahrstuhl, um zur obersten Parkhausetage zu gelangen.
Am Auto angekommen manövrierten wir die Hunde aufgrund der großen Hitze nicht mehr ganz so zaghaft aus ihren Boxen und setzten sie so schnell es ging in den klimatisierten Kofferraum. Sie sagten nichts dazu und ließen alles brav über sich ergehen.
Während der einstündigen Fahrt zu unserer Unterkunft knurrte Tia bitterböse, sobald man sie ansah. Dies war ein absolutes Angstknurren, also sah ich sie nicht an und blieb ganz entspannt und lieb mit ihr.
Als der Kofferraum sich öffnete, leinten wir beide Hunde problemlos an und gingen ein paar Meter, damit sie sich lösen konnte, was sie leider nicht taten. Damit warteten sie, bis wir in der Wohnung waren.
Kaum angekommen fing Tia plötzlich an, sich wie verrückt um sich selbst zu drehen und dann sprühte es nur so aus ihrem Hinterteil heraus. Die Wände, die Türen, die Hundebetten, das Sofa, wirklich alles war mit einer braunen und nach elender Gülle stinkenden Brühe überzogen. So etwas hatte ich bis dato weder jemals gesehen, noch gerochen.
Wir waren völlig schockiert und fingen gleichzeitig an zu lachen, denn die Situation war surreal. Leider habe ich keine Fotos des Malheurs gemacht, zu tief saß der Schock. Mein Partner hat sich fast übergeben und musste die Wohnung verlassen. Der Geruch war nicht von diesem Planeten! Er ging mit den Hunden eine größere Runde, während ich putzte.
Nachdem alles geputzt war und die Hunde im nahegelegenen Wald alles Nötige losgeworden sind, entspannten sich alle und es ging sehr schnell bergauf.
Da die Hundebetten und auch sonst alle Polster in der Waschmaschine landeten, mussten sich die beiden Damen für ein paar Stunden auf den nackten Boden platzieren.
Tia und Sandy fielen in einen tiefen Schlaf.
Sie schliefen als weitgereiste Straßenhunde ein und erwachten als die neugeborenen Vagabondogs, die sie bis heute sind.
Wie die ersten Tage, Wochen und Monate in Deutschland verliefen, erzähle ich euch an anderer Stelle.